Die Frauen des SKN St. Pölten geben seit Jahren den Ton im österreichischen Klub-fußball an: Kapitänin Jasmin Eder
Mittelfeldspielerin Claudia Wasser
Torjägerin Fanni Vago
SPORT
Angriff der Powerfrauen
Mädchen an den Ball: Der Frauenfußball brauchtVerstärkung.
Julia Winkler verstärkt seit achtJahren die Verteidigung desDamenfußballclubs
Heidenreichstein und hat gro-ßen Spaß dabei.
FotoS: Tom Seiss
Fußball steht unangefochten an der Spitze der beliebtesten Sportarten der Welt. Zwei Mannschaften, zwei Tore und ein Ball lö-sen eine große Faszination bei allen Generationen und sozialen Schichten aus. Schnüren aber Frauen die Fußballschuhe undjagen dem runden Leder nach, schaut das oft ganz anders aus: Frauenfußball wird in Österreich teilweise immer noch belä-chelt. Der historische Erfolg des österreichischen Frauennationalteams mit dem Halbfinal-Einzug bei der Europameisterscha-ft 2017 löste einen kurzzeitigen Boom sowie großes Medien- und Zuschauerinteresse aus. Dieser Popularität des Nationalteamshinkt der Klubfußball weit hinterher, wie auch der Präsident der SKN St. Pölten-Frauen, Wilfried Schmaus, bestätigt: „Die größ-te mediale Aufmerksamkeit gilt dem Nationalteam sowie den österreichischen Spielerinnen, die im Ausland tätig und erfol-greich sind. Davon können wir auf Vereinsebene nur träumen.“
Tolle Entwicklung in St. Pölten
Die Damen des SKN St. Pölten sind derzeit das Maß aller Dinge im österreichischen Klubfußball. Das Team aus der niederös-terreichischen Landeshauptstadt sicherte sich zuletzt vier Mal in Folge das Double, sprich sowohl den Meistertitel als auch de-n Cupsieg. Die Entwicklung bei den „Wölfinnen“ hat vor rund zehn Jahren ihren positiven Lauf genommen. Die Gründe daf-ür kennt Präsident Schmaus genau: „Damals haben wir noch in der dritten Liga gespielt, jetzt sind wir Serienmeister. Für uns wa-r es wichtig, eine zweite Mannschaft aufzustellen, um mehr Qualität ins Team zu bringen. Begleitend dazu war es unser Ziel, ei-n entsprechend gutes Umfeld für die Spielerinnen zu schaffen!“ Problematisch ist jedoch das große Niveaugefälle in der österre-ichischen Frauen-Bundesliga: „Auch wenn wir den Weg in Richtung Professionalität eingeschlagen haben, gibt es in der Bu-ndesliga immer noch Vereine mit ‚Dorfcharakter‘. Wir werden somit in der Liga oft nicht wirklich gefordert. Auch die Spielweis-e ist eine durchwegs andere als auf internationaler Ebene“, kennt Schmaus die Probleme-.
Topspielerinnen im Ausland
Die Liga muss also stärker werden, doch das ist nicht so einfach: Große Talente und Topspielerinnen können in Österreichnicht gehalten werden, der SKN St. Pölten verlor alleine vor der aktuellen Saison fünf Nationalteam-Spielerinnen an Vereineaus dem Ausland. So wechselte auch eines der großen niederösterreichischen Talente, Jennifer Klein aus Tulln, von St. Pöltenzum deutschen Bundesligist Hoffenheim. Die 19-Jährige begann ihre Karriere beim FC Tulln, kam 2013 zum SV Neulengbachund spielte von 2017 bis vor kurzem bei St. Pölten. Nach ihren Einsätzen im ÖFB U17- und U19-Team stand sie vergangenesJahr bereits im Nationalteamkader bei der EM. Dennoch gibt sich Schmaus zuversichtlich für die Zukunft: „Vereine wie Stur-m Graz, USC Landhaus/Austria oder Neulengbach sind auf einem guten Weg. Wenn noch zwei oder drei weitere Vereine nach-ziehen und konkurrenzfähige Mannschaften stellen, besteht die Hoffnung einer attraktiven österreichischen Bundesliga. Ein-e weitere positive Entwicklung ist, dass heuer erstmals Spiele live im Fernsehen übertragen werden.“
Positives Image
Über die Tatsache, dass Fußball alles andere als ein reiner Männersport ist, freuen sich immermehr Frauen im Amateurbereich, sagt etwa Julia Eppensteiner vom ASK Ybbs Damenteam:„Ich denke, das Thema Frauenfußball hat sich mittlerweile schon etwas besser in der Gesell-schaft etabliert. Wenn ich jemandem erzähle, dass ich Fußball spiele, bekomme ich zwar im-mer noch zu hören ‚Oh! Du spielst Fußball?‘, aber es ist mittlerweile positiv behaftet. Es spielenjetzt schon mehr Mädchen Fußball, aber es sind immer noch zu wenige, um wirklich denDurchbruch zu schaffen“, sagt Eppensteiner, die mit elf Jahren mit dem Fußballspielen be-gann. Warum sie sich für Fußball und gegen eine vielleicht klassischere Damensportart ent-schieden hat? „Die wenigsten Mädchen spielen Fußball und deshalb war das für mich ein ganzbesonderer Reiz. Man kann als einzelne Spielerin natürlich brillieren, aber am Ende gewinntoder verliert man gemeinsam als Team.“
Sehr ähnlich verlief die fußballerische Laufbahn bei Julia Winkler aus Waidhofen/Thaya. Wäh-rend sie von zwölf bis 14 Jahren noch mit den Burschen in Waidhofen spielte, wechselte Julia2010 zum Damenfußballclub (DFC) Heidenreichstein. „Ich habe während meiner Schulzeitauch Volleyball, Tennis oder Handball gespielt, aber nach kurzer Zeit festgestellt, dass mir Fuß-ball am meisten Spaß macht“, erinnert sich die 22-Jährige. Die Verteidigerin trainiert zwei Malwöchentlich mit ihren Kolleginnen vom DFC Heidenreichstein und hält sich an den anderen Ta-gen mit Kraft- und Ausdauertraining fit-.
Leidenschaft & Engagement
Durch die fehlenden finanziellen Mittel im österreichischen Frauenfußball sind Leidenschaftund freiwilliges Engagement wichtige Stützen für die Vereine. Die Sektionsleiterin der SKN St.Pölten-Frauen, Katharina Ehart, hat die Entwicklung von der untersten Liga bis zur ChampionsLeague hautnah miterlebt. „Ich habe in meiner Jugend in Maria Anzbach bei den Burschen g-espielt. Nach einer Pause bin ich dann 2007 beim Vorgängerverein des SKN in Spratzern wie-der aktiv eingestiegen und habe mich bis zur Ersatzbank in der Bundesliga hochgespielt. 2015bin ich in den organisatorischen Bereich des Vereins gewechselt und bin von der Leidenschaft,die sowohl von den Spielerinnen als auch dem Betreuerteam und Helfern an den Tag gelegtwird, begeistert“, schwärmt Katharina Ehart-.
Auch wenn sich der Frauenfußball in den letzten zehn Jahren in die richtige Richtung entwi-ckelt hat, gibt es noch großes Potenzial nach oben. Für Katharina Ehart sind zwei Punkte ent-scheidend: „Es müssen noch viel mehr Mädchen Fußball spielen, um die notwendige Breite zuschaffen. Und die österreichische Frauenbundesliga muss attraktiver für Spielerinnen undFans werden!“ Sportarten wie Fußball sind auch für die Entwicklung von Kindern und Jugendl-ichen äußerst wichtig: Der Nachwuchs lernt dabei Bewegungsabläufe kennen und verbessertKondition und Fitness, aber auch Teamgeist und Spaß kommen nicht zu kurz. „Man hält zu-sammen, jede gibt ihr Bestes und kämpft. Ich finde es einfach toll, wenn Mädchen und FrauenBegeisterung an Fußball finden und man vom Klischeedenken ‚Fußball sei nur Männersport‘wegkommt“, wünscht sich Julia Winkler.
Werner Schrittwieser
Für Julia Eppensteiner hatder Frauenfußball einen ganzbesonderen Reiz – sie liebtdas Zusammenspiel aus
Einzel- und Teamleistung.
Vorteile Mädchen-(und Buben-)Fußball
-Vielseitige Bewegungsabläufe fördern das Knochenwachstum-.
-Ein stabiles Knochengerüst begünstigt die Entwicklung des Körpers und beugt Haltungs-schäden vo-r.
-Die schnellen Richtungs- und Tempowechsel beanspruchen die Muskulatur unterschiedlich und somit die En-twicklung der Muskulatur positiv-.
-Perfektes Konditions-training
-Durch das Ballspiel werden die motorischen Fähigkeiten verbessert-.
-Eigene Körperwahrnehmung wird verbessert-.
-Durch die frische Luft wird das Immunsystem gestärkt-.
-Gemeinschaftserlebnis – soziale Kompetenz
-In einer Mannschaft denkt man zuerst an die Gruppe, bevor man an sich selbst denk-t.
-Durch Regeln lernen die Kinder Autoritäten wie Trainer und Schiedsrichter zu respektieren-.
-Bessere Wahrnehmung – auf dem Feld müssen die jungen Fußballerinnen einen guten Überblick bewahren-.
erschienen in GESUND & LEBEN IN NIEDERÖSTERREICH 10/2018