NÖGUS-Vorsitzender Landesrat Martin Eichtinger und das Healthacross-Team überzeugten Mitglieder der Europäischen Kommission von den grenzüberschre-itenden Gesundheitsprojekten Niederösterreichs: (v.l.) Alexander Ferstl (Österr. Vertretung Brüssel), Kerstin Kittenberger und Elke Ledl (Initiative „Healtha-cross“), Johannes Rossbacher (Österr. Vertretung in Brüssel), Anda Panaite (EU-Kommission), Landesrat Martin Eichtinger, Moray Gilland (EU-Kommission),Julia Winkler und Julia Auer (Initiative „Healthacross“)
Grenzenlos gesund
Niederösterreich kümmert sich seit Jahren um eine Gesundheitsversorgung, die über die Landes-grenzen reicht. Mit Erfolg. Eine Bilanz.
Noch bis zum Jahresende ist Österreich Ratsvorsitz-Land der Europäischen Union. Deshalb holte Landesrat Martin Eichtinger erst-mals eine Delegation der EU-Kommission mit 64 hochrangigen Vertretern aus 27 Ländern nach Niederösterreich, um zu zeigen, washier schon an grenzüberschreitender Zusammenarbeit gelungen ist und was geplant ist: Bei dem Treffen in Hainburg ging es darum,die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich mit der Initiative „Healthacross“ weiter auszubauen. NÖGUS-Vor-sitzender Eichtinger: „Vorzeigeprojekte wie ‚Healthacross‘ garantieren nicht nur beste medizinische Versorgung nahe am Wohnort,sie sichern auch wichtige Jobs in der Region ab. Hier haben wir von der EU-Kommission volle Unterstützung, wir gehen im Gesund-heitsbereich den richtigen Weg.“
EU-Fördermittel
Die Initiative „Healthacross“ wurde vor zehn Jahren vom Niederösterreichischen Gesundheits- und Sozialfonds (NÖGUS) ins Lebengerufen und hat bisher mehr als eine Million Euro an Fördermitteln für Gesundheitsprojekte in der Grenzregion nach Niederösterreichfließen lassen. Die Pionierprojekte Niederösterreichs mit den angrenzenden Regionen Südböhmen, Südmähren, Vysocina und Slo-wakei haben zahlreiche internationale Auszeichnungen erhalten und sind europaweit beispielgebend. Niederösterreich wurde des-halb von der Weltgesundheitsorganisation WHO als Vorzeige-Region ausgewählt.
Ganz nach dem Motto „Die europäische Idee in der Grenzregion verwirklichen“ arbeitet das EU-Team des NÖGUS mit der Leiterinder Initiative „Healthacross“ Mag. Elke Ledl daran, die Grenzen in der Gesundheitsversorgung weiter zu reduzieren: „Wir wollen Brü-cken zwischen Niederösterreich und anderen europäischen Ländern bauen, damit die Menschen auf beiden Seiten der Grenze voneiner wohnortnahen Versorgung profitieren können.“ Grenzüberschreitende Projekte haben viele Vorteile:
-Patientinnen und Patienten können selbst entscheiden, auf welcher Seite der Grenze sie sich behandeln lassen wollen und profitie-ren von einer wohnortnahen medizinischen Behandlung.
-Besonders in Notfällen kann das nähere gelegene Krankenhaus oder der nächste verfügbare Krankenwagen auf der anderen Sei-te der Grenze lebensrettend sein.
-Durch internationale Netzwerke und Zusammenarbeit holt man zudem Know-how aus anderen Ländern nach Niederösterreich,schafft mehr Wertschöpfung und sichert Arbeitsplätze in der Region.
Aktuelle Projekte
Grenzüberschreitende Rettungskooperation mit Tschechien Niederösterreich hat bereits Rettungsverträge mit Südmähren, Südböh-men und Vysocina (Tschechien) abgeschlossen. „Das Denken in Grenzen gehört nun auch im Rettungswesen endlich der Vergan-genheit an. Bei zeitkritischen Notfällen ist wichtig, dass immer das schnellste Einsatzteam alarmiert werden kann, egal aus welchemLand. Das ist durch die gegenseitige Kooperation jetzt sichergestellt“, sagt Christof Constantin Chwojka, Geschäftsführer von NotrufNÖ. Es wurde eine gemeinsame mehrsprachige Alarmierungsplattform für die Kommunikation zwischen der NÖ Leitstelle 144 NotrufNÖ und den Rettungsleitstellen in Südmähren und Südböhmen umgesetzt. Grenzüberschreitende Rettungsübungen brachten ersteErfahrungen, die ersten Einsätze wurden bereits problemlos abgewickelt. Es ist nun selbstverständlich, dass Rettungsteams Gren-zen überqueren, um Leben zu retten. Damit wird eine rasche und unbürokratische gegenseitige Hilfe im Notfall gesichert.
Endometriose-Zentrum im Landesklinikum Melk
Basis für das erste EU-zertifizierte Endometriose-Zentrum in Niederösterreich ist der Wissensaustausch zwischen dem Landesklini-kum Melk und dem Krankenhaus in Znaim, das federführend auf diesem Gebiet ist und bereits ein solches Zentrum beherbergt.„Jede zehnte Frau im gebärfähigen Alter ist von dieser chronischen Erkrankung der Gebärmutterschleimhaut betroffen. Begleiter-scheinungen sind starke Schmerzen und ein unerfüllter Kinderwunsch“, erklärt Prim. Dr. Leopold Wanderer, Leiter der Abteilung Gy-näkologie und Geburtshilfe am Landesklinikum Melk. Betroffene Frauen erhalten im Landesklinikum Melk eine schnellere Diagnoseund Therapie. Sie werden von der Fachärztin, dem Facharzt zugewiesen (mehr dazu in GESUND&LEBEN 10/2018, Seite 50 oder
In Gmünd entsteht im kommenden Jahr das EU-weit erste grenzüberschreitende Gesundheitszentrum. Die ersten Menschen sollenim Jahr 2020 behandelt werden. Gesundheits-Experten aus Niederösterreich und Tschechien werden gemeinsam unter einem Dachsowohl niederösterreichische als auch tschechische Patienten versorgen. Das Gesundheitszentrum soll ein breites Leistungsange-bot abdecken – von Gesundheitsvorsorge über die Behandlung durch praktische Ärzte, Fachärzte, Pflegeexperten, Therapeuten bishin zu Räumen für Schulungen und Veranstaltungen. Mit dem geplanten Gesundheitszentrum sollen die Versorgungsangebote fürdie Bevölkerung in der Region weiter ausgebaut werden. Eine umfassende Bedarfs- und Leistungsanalyse wird sicherstellen, dassdas neue Gesundheitszentrum sich gut in die vorhandene Versorgungsstruktur mit dem Landesklinikum Gmünd und den anderenAngeboten einfügt. Die Behandlungskosten für die tschechischen Patienten sollen direkt von den tschechischen Versicherungenübernommen werden. „Unser Ziel ist es eine modernes, innovatives Kompetenzzentrum zu schaffen, das die bürgernahe Versor-gung unterstützt und ergänzt“, sagt DGKP Manfred Mayer, Manager des Gesundheitszentrums.
Behandlung tschechischer Patienten im Landesklinikum Gmünd
Gerade in der Region um Gmünd und Ceské Velenice zeigt sich, wie die Kooperation über die Grenze das Leben der Menschen imAlltag erleichtert – liegt doch das Landesklinikum Gmünd direkt an der Grenze und der nächste Notarztwagen auf tschechischer Sei-te über 30 km entfernt, das nächste Krankenhaus gar 60 km.
Bisher konnten tschechische Patienten aus dem Nachbarort Ceské Velenice nicht in Gmünd behandelt werden, außer sie hätten dieBehandlungskosten selbst bezahlt. „Dank des Projektes übernehmen die tschechischen Versicherungen die Behandlungskosten ih-rer Patientinnen und Patienten. Zudem bietet die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung Potential in verschiedene Richtun-gen, wie z. B. gemeinsame Nutzung von Ressourcen“, sagt die Standortleitung Prim. Dr. Michael Böhm, Dipl. KH-BW Karl Binderund Herta Weissensteiner, MBA. Mehr als 4.000 tschechische Patienten konnten bereits im Landesklinikum Gmünd ambulant ver-sorgt werden. Die Behandlung erfolgt innerhalb bestimmter Ordinationsstunden, akute medizinische Notfälle werden natürlich sofortbehandelt. Dolmetscher und tschechischsprachige Mitarbeiter helfen bei der Kommunikation zwischen Patient und Krankenhausper-sonal. Derzeit werden Gespräche mit den beteiligten Organisationen in Südböhmen geführt, um die ambulante Behandlung tsche-chischer Patienten in Gmünd auf stationäre Behandlung zu erweitern.