Radioonkologen arbeiten mitSpezialisten allerFachrichtungen zusammen, uman einem Tumor erkrankteMenschen optimal zu versorgen.
Was ist so toll an einem Beruf, bei dem es täglich um Krebserkrankungen, Leid und Angst geht? „Ich bin einfach fasziniert da-von, dass wir mit unseren Möglichkeiten Tumore unter Kontrolle bekommen können – und das bei bestmöglicher Erhaltungder Organe“, sagt Ass. Dr. Dominik Frey. Der junge Mediziner befindet sich im Universitätsklinikum Krems in der Facharztaus-bildung zum Radioonkologen. Mit den drei Linearbeschleunigern und der Brachytherapieeinheit arbeiten dort etwa 80 Men-schen unter Leitung von Prim. Assoc. Prof. Mag. Dr. Anja Bayerl. Die wertvollen und teuren Geräte der Abteilung sind mächti-ge Werkzeuge, die Hoffnung und Chancen bedeuten. Frey hat einen Teil seines Turnus an der Abteilung absolviert, war einigeMonate bei einem Allgemeinmediziner und ist danach zur Facharzt-Ausbildung zurückgekommen. Die sei „äußerst interes-sant“.
Interdisziplinäre Arbeit
In zwei NÖ Kliniken gibt es Radioonkologie, die Krebsbekämpfung mit Strahlen: Krems versorgt den Zentralraum und denNorden Niederösterreichs, das Landesklinikum Wiener Neustadt mit ebenfalls drei Linearbeschleunigern die anderen Landes-teile. Die beiden Abteilungen sind in die Tumorboards der Kliniken eingebunden. Acht Fachärztinnen und -
ärzte und fünf Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung zum Facharzt (Assistenz-ärzte) betreuen die Patienten in Krems. An der Bettenstation arbeiten außer-dem noch vier Allgemeinmediziner. Dazu kommt ein Pflegeteam für Betten-station und Ambulanz, Medizinphysiker sowie Radiologietechnologen. Der-zeit wird gerade einer der drei Linearbeschleuniger erneuert. Um trotzdemalle Patienten behandeln zu können, wird bis zu je 15 Stunden an beidenGeräten bestrahlt. Und trotzdem ist die Stimmung gut in dem hellen freundli-chen Neubau, alles wirkt lebendig und frisch.
Glücklich über die gewählte Ausbildung zum Radioonkologen ist auch Ass.Dr. Rafaela Preineder. Sie ist im fünften der sechs Facharzt-Ausbildungsjah-re und hat bereits die Facharztprüfung absolviert – „herausragend gut“, wieihre Chefin, Abteilungsleiterin Bayerl, betont. Was schätzt Preineder amFach? „Dass die Arbeit so vielfältig ist, weil man einerseits die Patientensehr persönlich betreuen kann und andererseits der technische Faktor, diePhysik, so eine große Rolle spielt. Ein Spannungsfeld, das Vielfalt bedeutet.Und dann ist das Team hier so toll.“ Preineder schätzt auch die Arbeit in denTumorboards sehr: „Wir arbeiten mit vielen Fachgebieten zusammen, das istsehr spannend und man lernt viel.“
Innovatives Fachgebiet
OA Dr. Christoph Resl ist seit fünf Jahren Facharzt. Turnus und Ausbildung hat er in Krems absolviert. Im Studium hatte er alsZusatz Onkologie gewählt, war damals in Wien am AKH in der Grundlagenforschung und wollte eigentlich onkologisch tätigsein – ein auf Krebserkrankungen spezialisierter Arzt. Im Turnus erlebte er die Arbeit oftmals als wenig befriedigend, „ weilman zu wenig Zeit für den einzelnen Patienten hat“. Da ist die Radioonkologie für ihn wie maßgeschneidert, noch dazu, weilihm Technik liegt, er die Arbeit am Computer mag. „Es ist ein schöner Beruf, weil sich hier viele Patienten im Frühstadium derErkrankung befinden und man ihnen gut helfen kann – und das mit oft wenigen Nebenwirkungen.“
Gerade bei Prostata-Krebs gebe es so viele schöne und sehr persönliche Erlebnisse, weil durch die Strahlentherapie vieleMänner geheilt werden können – „das beflügelt mich jeden Tag!“ Und außerdem sei die Radioonkologie ein innovatives Fach.„Wir lernen sehr viel, weil wir eng mit anderen Spezialisten zusammenarbeiten, mit Chirurgen und Internisten zum Beispiel. Einsehr breites Feld – das macht mir viel Freude.“
Seelenhygiene nötig
Und wie geht man mit dem Schweren um? Mit Patien-ten, die sterben werden? Dafür hat das Radioonkolo-gie-Team eine eigene Balint-Gruppe, in der es um Su-pervision und Resilienz geht. So können die Ärztinnenund Ärzte Schwieriges und persönlich Belastendes im
Umgang mit schwerkranken Patienten verarbeiten. „Das tut gut“, sagt Oberarzt Resl, „da erfährt manvon anderen, ‚das geht mir auch so‘. Und man kann überlegen: War das okay so, wie ich es gemachthabe oder würde ich es beim nächsten Mal anders machen?“ Das führe zu einer guten Einstellung zurArbeit und zu gemeinsamem Lernen. Abteilungsleiterin Bayerl legt allergrößten Wert auf diese Seelen-hygiene sowie die Teamarbeit in diesem komplexen Beruf: „Wir schauen uns immer gemeinsam denPlan für den Tag an, diskutieren und arbeiten ihn im Team ab – interprofessionell, mit allen beteiligtenBerufsgruppen, und im Vorfeld über die Besprechungen im Tumorboard interdisziplinär, also mit denanderen spezialisierten Fachärzten.“
Nachwuchs gesucht
Bayerl betont, dass die Radioonkologie, so schön die Arbeit sei, ein „Mangelfach“ ist: „Wir brauchendringend Nachwuchs.“ Das Fach komme derzeit im Studium an der Meduni Wien so gut wie nicht vor.Für die Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften in Krems gehört die Radioon-kologie zur Ausbildung fix dazu.
Und warum ist sie selber Radioonkologin geworden? Die Onkologie hat sie immer schon angezogen.Technik – nein, die stand für die Münchnerin nicht im Vordergrund. Bayerl, die seit 2006 die Abteilungin Krems leitet, fasziniert es seit jeher, „Menschen in kritischen Lebensereignissen“ zu begleiten. Siestudierte Pädagogik, Psychologie und Soziologie und dann erst Medizin. „Ich lege Wert darauf, dasswir viel über den Menschen wissen, den wir behandeln. Und dass wir so auch die richtigen Worte fin-den. Empathie ist für uns Ärzte so wichtig. Deshalb reflektieren wir über unsere Patienten. UnsereHNO-Patienten zum Beispiel leiden unter Schmerzen, Gewichtsverlust, sie verlieren vorübergehenddie Fähigkeit zu schmecken – das ist alles enorm belastend. Psychologische Gesprächsführung ist indiesen schwierigen Lebenssituationen entscheidend.“ Deshalb ist ihr auch das Arbeitsklima im Teamwichtig, eine offene Gesprächskultur und die Art, wie die einzelnen Mitarbeiter miteinander umgehen.
Warum soll man Radioonkologe werden? „Weil die Radioonkologie ein sehr innovatives Fach ist underfolgreich angewendet werden kann. Außerdem kann man sich sehr gut auf die einzelnen Patienteneinstellen, man kennt sie oft sehr lange. Über Wochen und Monate in der Behandlung und dann überJahre bei den Kontrollen – das ist ein sehr schönes Arbeiten“, sagt Anja Bayerl. Man kann zwar keineOrdination aufmachen, aber dafür hat man als Radioonkologe keine Nachtdienste, sondern Regel-dienst und eventuell Rufbereitschaft. „Vor allem aber ist es einfach schön, die Menschen in dieserschwierigen Lebensphase bestmöglich zu behandeln und zu begleiten.“
Riki Ritter-Börner
„Durch Strahlentherapie können vielegeheilt werden, das beflügelt mich jedenTag!“ OA Dr. Christoph Resl
„Es ist schön, Menschen während einerschwierigen Lebensphase zu begleiten.“Prim. Assoc. Prof. Mag. Dr. Anja Bayerl
„Mich fasziniert die
Möglichkeit, ohne Operation eine lokaleTumorkontrolle zu erreichen.“
Ass. Dr. Dominik Frey
Balint-gruppen …
… sind Arbeitsgruppen von etwa acht bis zwölf Ärzten, die sich unter der Leitung eineszertifizierten Balintgruppenleiters (ÖBG) regelmäßig treffen, um über belastende Erlebnis-se mit Patienten zu sprechen. Ziel ist eine gute Arzt-Patient-Beziehung, die zu einem bes-seren Verständnis und einer verbesserten Behandlung des Patienten führen soll.
Tumorboards …
… sind Fallbesprechungen von Krebserkrankungen durch Experten derverschiedenen Fachdisziplinen. Gemeinsam besprechen sie die Diagno-se und die bestmögliche Behandlung.