Das Klinikum Peterhof der NÖGKKin Baden bietet seit Jahresbeginnauch Rehabilitation für Menschenmit Lungenerkrankungen.
„Einmal tief Luft einsaugen, bitte. Ja, wunderbar“ – GertraudLeyrer blickt gespannt auf das Display und folgt den Anwei-sungen ihres Atemtherapeuten. Sie trainiert ihr Zwerchfell miteinem speziellen Gerät, dem Respifit und unter Anleitung ih-res Physiotherapeuten Stefan Bilavski. Heute ist ein guterTag, Stefan Bilavski ist mit der Leistung seiner Patientin hochzufrieden: „Durch forciertes Einatmen können wir die Zwerch-fell-Muskeln trainieren, das ist wichtig, um Menschen mitLungenerkrankungen eine bessere Lebensqualität zu ge-ben.“ Gertraud Leyrer hat drei Wochen intensive Rehabilitati-on im Klinikum Peterhof der NÖGKK in Baden hinter sich.„Ich bin total begeistert und überrascht – es ist der erste Re-habilitationsaufenthalt in meinem Leben. Dieses junge enga-gierte Team hat mir zu einer unglaublich hohen Lebensquali-tät verholfen.“Die vitale Pensionistin ist „vom Fach“, sie warKrankenschwester. Eine schwere Erkrankung vor wenigenJahren machte eine Lungenoperation unausweichlich, seitherist ein Teil ihres Zwerchfells gelähmt.
Stiegensteigen oder rasches Gehen sind für die 66-Jährigeeine Herausforderung. Vor ihrem Aufenthalt bekam sie kaumLuft, musste immer wieder Pausen einlegen, selbst bei leich-ten Alltagsaufgaben. Heute glänzen die Augen der Niederös-terreicherin spitzbübisch, wenn sie an die Zeit nach der Rehadenkt. „Natürlich werde ich alle Übungen machen, die mir
empfohlen wurden – so alt kann ich gar nicht werden, dass ich das nicht lesen könnte“, spielt sie auf die Mappe mit Trai-ningsempfehlungen an. Sie kennt ihre Erkrankung, hat gelernt, mit ihr umzugehen und richtet den Blick in die Zukunft:„Dass ich durch meine Lungenerkrankung kaum Luft zum Atmen bekomme und das nicht mehr rückgängig gemacht wer-den kann, damit muss ich leben – aber um sich an neuer Lebensqualität zu erfreuen, dafür ist man nie zu alt.“
Lebensqualität verbessern
Für Oberärztin Dr. Martina Netz bestätigt Gertraud Leyrer jene Ziele, die sich das medizinische Team im Peterhof vorge-nommen hat: Betroffenen mit Lungenerkrankungen eine adäquate Lebensqualität zu vermitteln, aber auch, sie zu einemgesunden Lebensstil zu motivieren, der das Fortschreiten ihrer Erkrankung verhindert. Seit November ist die Fachärztinals Oberärztin im Klinikum Peterhof tätig, seit Anfang des Jahres wird hier neben Patienten mit rheumatischen und ortho-pädischen Erkrankungen auch Menschen mit Lungenerkrankungen eine Rehabilitation ermöglicht. Abgeschottet von derHektik der Stadt, inmitten einer grünen Lunge Badens, bietet der Peterhof derzeit für 40 Patienten Rehabilitation aufhöchstem wissenschaftlich-medizinischen Standard. „Der Großteil unserer Gäste leidet an der chronisch-obstruktiven Lun-generkrankung, kurz COPD, gefolgt von Asthma-Patienten“, sagt Netz. Allem voran steht eine eingehende Diagnose: Beider Spiroergometrie wird mithilfe einer ansteigenden Belastung am Fahrrad-Ergometer die Leistungsfähigkeit des Patien-ten ermittelt. Vor und während der Spiroergometrie setzt DKGS Ursula Manhardt eine kleine Nadel ans Ohr des Patienten,„am Ohrläppchen fließt nach Vorbehandlung mit einer durchblutungsfördernden Salbe reichlich sauerstoffhaltiges Blut, sokönnen wir eine Blutgasanalyse durchführen, um die Sauerstoffkapazität in Ruhe und bei Belastung zu ermitteln“, sagt dieFachfrau. Zusätzlich erhält der Patient eine Atemmaske, dadurch wird für Fachärztin Dr. Martina Netz nachvollziehbar, wiesich in der Tiefe der Atmung die Zusammensetzung der Atemgase bei körperlicher Belastung verändert. Bei der Body-phlethysmographie sitzt der Betroffene in einer luftdicht abgeschlossenen Kabine – um bestimmte Druckverhältnisse zuschaffen – und ist durch Mikrophon akustisch und durch einen Atemschlauch mit der Außenwelt verbunden. Schon nachwenigen Minuten kann man durch diesen absolut schmerzfreien und unbelastenden Test erkennen, wie viel Atemkapazitätder Betroffene hat und wie weit die Lungenerkrankung fortgeschritten ist. Anhand dieser Untersuchungen wird ein Trai-ningsplan errechnet, der individuell auf jeden Patienten abgestimmt ist. Physiotherapeut und Atemtrainer Stefan Bilavskiweiß anhand dieser Daten genau, in welchen Bereichen er seine Schützlinge besonders trainieren muss. „Unser Trainingwirkt sich nicht nur auf die periphäre Muskulatur aus, auch das Zwerchfell muss bei den meisten Patienten gestärkt wer-den.“ Wie das funktioniert, erklärt er in den Gruppen-Trainingseinheiten. „Gleichgesinnte motivieren einander und könnenhelfen, einen vorübergehenden Rückschlag besser hinzunehmen“, sagt der erfahrene Atemtrainer. Außerdem schult dasTraining in der Gruppe seine Schützlinge für zu Hause. „Jeder erhält ein Atemmuskel-Trainingsgerät, um etwa dreimal proWoche trainieren zu können.“ Gertraud Leyrer hat das Training mit Akribie verfolgt: „Eine so tolle Instruktion und eine der-art menschliche Umgangsweise wie am Peterhof ist beispielhaft und sehr motivierend.“
Intensive Aufklärung
Für viele Lungenerkrankungen ist das Rauchen verantwortlich. „90 Prozent der COPD-Pa-tienten sind Raucher – daher ist es eines unserer größten Anliegen, dass Betroffene dasRauchen aufgeben“, sagt Oberärztin Netz. Auch hier wird am Peterhof Abhilfe geschaffen –zur Raucherentwöhnung stehen speziell ausgebildete Psychologinnen zur Seite, die denSchritt zur letzten Zigarette erleichtern. Doch nicht nur Zigarettenkonsum, auch negativeUmwelteinflüsse, wie Feinstaubbelastung oder Allergien sind im Steigen und verursachenLungenerkrankungen wie Asthma, und das bereits im Kindesalter, erklärt Petershof-LeiterinPrim. Dr. Valerie Nell-Duxneuner: „Umweltbelastungen nehmen zu und verursachenschwere Erkrankungen. Unser gemeinsames Ziel ist, allen Betroffenen die bestmöglichemedizinische Rehabilitation zu geben und sie mit entsprechender Aufklärung zu entlassen.“Zur umfassenden Aufklärung dienen auch die Informations-Veranstaltungen im Hausberichtet Gertraud Leyrer: „Ich habe darin so viele hilfreiche Tipps bekommen, zum Beispiel,wie man Atemsprays richtig anwendet, wie ich mit meinem Sauerstoffgerät umgehen muss,und dazu viele spezielle Bewegungs- und Ernährungstipps. Die Informationen sind um-fassend – ich nehme all das dankbar mit nachhause.“Gertraud Leyrer ist eine der ersten Pa-tienten in der jüngst umgebauten Klinik; und sie verlässt den Peterhof ausschließlich mitpositiven Missionen. Neben ihr steht „Charly“, ihr mobiles Sauerstoffgerät, an dessen Han-dling sie sich erst gewöhnen musste. Ob sie einkaufen geht oder sich einen Tag an derSonne gönnt – Charly hat ihr ein Stück Lebensqualität gebracht – ein Leben, in dem siewieder durchatmen kann.
Medizinisches Angebot des Klinikums Peterhof
Die Ursachen rheumatischer und pulmologischerBeschwerden sind vielfältig und damit auch derenBehandlungsmethoden. Wesentlich im Sinne derPrävention ist, dass das im Heilverfahren erlernteVerhalten und die Übungen konsequent weiterge-führt werden.
Die Indikationen umfassen:
+ COPD II-IV auch mit Heimsauerstofftherapie
+ chronisches Asthma bronchiale
+ Lungengerüsterkrankungen
+ nach Lungenentzündungen, Lungeninfarkten, Lun-genoperationen (außer Transplantation)
Zusätzlich zur klinischen Diagnostik stehen zur Ver-fügung: