In den niederösterreichischen Kliniken startet Mitte Jänner die Nutzung derElektronischen Gesundheitsakte ELGA – mit vielen Vorteilen für Patientinnen undPatienten.
Ein Unfall, ein Patient wird ins Klinikum gebracht. Der behandelnde Arzt siehtam Bildschirm sofort, dass der Verletzte erst kürzlich eine Blinddarm-OP hat-te. Er wirft einen Blick in die Labordaten – die Blutwerte waren heikel, ermuss also bei den Medikamenten darauf Rücksicht nehmen. Er sieht, dassder verletzte Arm vor drei Jahren in einem anderen Klinikum operiert und ein-gegipst werden musste, und erkennt auf den damaligen Röntgenbildern, woer gebrochen war, wo die Ärzte die Schrauben gesetzt haben und wie derArm geheilt ist. Jetzt kann er punktgenau und umsichtig helfen.
Entwicklung aus Niederösterreich
In den NÖ Kliniken ist das schon lange Realität: Seit Jahren arbeiten sie ander Speicherung verschiedener Befunde in einem internen Netzwerk, demelektronischen NÖ Befund-Informationssystem NÖBIS. Vorreiter in dieser fürdie behandelnden Mediziner wie für die Patienten wichtigen Entwicklung wardas Landesklinikum Wiener Neustadt. Zusammen mit der Zentrale der NÖLandeskliniken-Holding entstand dort der Kern dessen, was mittlerweile imganzen Land bestens funktioniert: Erst gab es die Befund-Plattform nur fürdas Landesklinikum, dann für die Thermenregion und seit einigen Jahren füralle NÖ Kliniken.
ELGA-Sonderausgabe
Im Jänner 2017 startet ELGA in denNÖ Kliniken. GESUND&LEBEN in-formiert Sie: Kurz vor Weihnachtenfinden Sie eine Sonderausgabe zuallen Fragen und Fakten rund umELGA in Ihrem Postkasten.
Internes Netzwerk
Heute sind in NÖ BIS 31 Millionen Befunde von 1,8 MillionenPatientinnen und Patienten gespeichert. Etwa 25.000 Mal proMonat greifen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte auf die-se Befunde zu. Musste früher ein Patient, der in einem Klini-kum aufgenommen und in einem anderen weiterbehandeltwurde, die großen Umschläge mit Röntgenbildern mitschlep-pen, sind diese Unterlagen heute jederzeit am Bildschirmaufrufbar. Und es fallen auch viele Wartezeiten weg. Dennwenn ein Arzt Patientenbefunde von einer früheren Behand-lung in einem anderen Klinikum gebraucht hat, musste er sieanfordern, sie wurden dort ausgehoben und ins andere Klini-kum transportiert. Heute ist das ein Mausklick.
Vorreiter für ELGA
Was so einfach und logisch klingt, war lange nur Zukunftsmu-sik. Seit vielen Jahren geistert das Thema elektronische Ge-sundheitsdaten-Sammlung durch die Medien. Krankenhäuserund Pflegeheime in Wien und der Steiermark sowie die Un-fallkrankenhäuser und zum Beispiel das Rehazentrum WeißerHof der AUVA sind mittlerweile an die Elektronische Gesund-heitsakte ELGA angeschlossen. Und Mitte Jänner werdenauch die NÖ Landes- und Universitätskliniken mit der Be-fundplattform ELGA verbunden. Das bedeutet, dass die Ärz-tinnen und Ärzte in unseren Kliniken auch jene Befunde se-hen können, die in Krankenhäusern in Wien oder der Steier-mark erstellt worden sind – und umgekehrt.
Keine Doppelgleisigkeiten
Der Nutzen für Patientinnen und Patienten ist somit klar: Ra-diologische Befunde aus Horn müssen im Wiener AKH nichtnochmals erstellt werden, der Laborbefund aus dem Wilhel-minenspital liegt auch der Ärztin im Universitätsklinikum St.Pölten vor, wenn sie Daten daraus braucht. Und Patientinnenund Patienten müssen sich nicht darum kümmern, ihre Radio-logie- und Laborbefunde zu verwalten und von einem Klini-kum ins andere mitzubringen.
Was ändert sich?
In den NÖ Kliniken laufen die Vorbereitungen für ELGA seitvielen Jahren. Nun sind die technischen Notwendigkeiten er-ledigt, derzeit stehen die letzten der hunderten Funktions-und Sicherheitstests an. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitersind eingeschult, alle Vorbereitungen für die Arbeit am Com-puter erledigt, alle Dokumente schon lange auf die Notwen-digkeiten von ELGA umgestellt. Patientinnen und Patientenmüssen nichts zusätzlich tun. Schon seit Jahresbeginn brau-chen sie zur E-Card einen Ausweis, das ist alles. In Wien undder Steiermark zeigt sich, dass Patientinnen und Patientenkaum von der Möglichkeit Gebrauch machen, den Zugriff aufBefunde in ELGA nicht zu erlauben: Nur 0,5 bis 0,7 Prozentder Patienten nutzen die Option des „Situativen Opt Out“, umzu verhindern, dass Befunde in ELGA aufscheinen. Damitzeigt sich, was auch eine Umfrage 2014 bestätigt: Die Patien-ten wollen ELGA – weil die Vorteile überwiegen.
RIKI RITTER-BÖRNER
ELGA –
FRAGEN & ANTWORTEN
Was ist ELGA?
Die Elektronische Gesundheitsakte ELGA ver-netzt Befunde von Patientinnen und Patienten,die verteilt im Gesundheitswesen entstehen.ELGA ist somit ein Informationssystem: Es er-möglicht berechtigten Gesundheitsdienste- An-bietern wie niedergelassenen Ärztinnen und Ärz-ten, Apotheken, Spitälern und Pflegeeinrichtun-gen, den orts- und zeitunabhängigen Zugang zuELGA- Gesundheitsdaten.
Was ist das Ziel von ELGA?
Patientinnen und Patienten können mit ELGAerstmals ihre eigenen Gesundheitsdaten einse-hen und verwalten – egal, wann und wo sie gera-de sind. Zudem erhält die behandelnde Ärztin,der behandelnde Arzt rasch und unkompliziertVorbefunde und Entlassungsberichte als unter-stützende Entscheidungsgrundlage für die weite-re Diagnostik und Therapie. Somit kann ELGA inder medizinischen, pflegerischen und therapeuti-schen Behandlung und Betreuung durch einenbesseren Informationsfluss unterstützen – vor al-lem dann, wenn mehrere Gesundheitseinrichtun-gen oder Berufsgruppen entlang einer Behand-lungskette zusammenarbeiten.
Wer sind die ELGA-Gesundheitsdienste-An-bieter?
- Krankenanstalten
- Einrichtungen der (mobilen und stationären)Pflege
- Ärztinnen und Ärzte (ausgenommen, wennsie im Dienst der Sozialversicherung oder an-deren Versicherungen stehen, wenn sie be-hördliche Aufgaben haben wie Amtsärzte oderbei der Musterung für den Wehrdienst, Arbeits-mediziner, Schulärzte)
- Zahnärztinnen und Zahnärzte (ausgenom-men Dentisten, Zahnärzte im Dienst der Sozial-versicherung oder anderer Versicherungen,Amtszahnärzte)
- Apotheken
Wer darf nicht auf ELGA-Gesundheitsdatenzugreifen?
- Chefärztinnen und -ärzte der staatlichen Sozi-alversicherungen
- Ärztinnen und Ärzte, die für private Versiche-rungen
Untersuchungen durchführen
- Behörden sowie Amtsärztinnen und Amtsärzte
- Schulärztinnen und Schulärzte
- Betriebsärztinnen und Betriebsärzte
- Stellungsärztinnen und -ärzte des Bundeshee-res
- Ärztinnen und Ärzte, die durch den Patientenvom Zugriff ausgeschlossen wurden
Im ELGA-Gesetz ist klar geregelt, wer auf ELGA-Gesundheitsdaten zugreifen darf: Es sind diesneben der Patientin bzw. dem Patienten selbstausschließlich nur jene Ärztinnen und Ärzte oderELGA-Gesundheitsdiensteanbieter, die tatsäch-lich gerade die betreffende Patientin bzw. denbetreffenden Patienten behandeln oder betreu-en.
Welche Gesundheitsdaten werden wann über ELGA zur Verfü-gung gestellt?
Die ersten über ELGA verfügbar gemachten Daten sind:
- ärztliche und pflegerische Entlassungsbriefe der öffentlichenKrankenhäuser
- Laborbefunde
- Radiologiebefunde
- Medikationsdaten
Weiters sind geplant:
- Patientenverfügungen
- Vorsorgevollmachten
- gesetzliche medizinische Register
Sobald Krankenanstalten mit ELGA arbeiten, sind sie verpflichtet,Entlassungsbriefe aus stationären Aufenthalten, Laborbefunde imRahmen ambulanter Aufenthalte sowie Befunde der bildgebendenDiagnostik (Radiologiebefunde) im Rahmen ambulanter Aufenthal-te über ELGA bereitzustellen.
Sobald niedergelassene Fachärztinnen und Fachärzte (Vertrags-ärztinnen und Vertragsärzte) der Sonderfächer „medizinisch-che-mische Labordiagnostik“ sowie „Hygiene und Mikrobiologie“ mitELGA arbeiten, sind sie verpflichtet, Laborbefunde als ELGA-Ge-sundheitsdaten zur Verfügung zu stellen.
Niedergelassene Fachärztinnen und Fachärzte des Sonderfaches„Radiologie“ sind ab diesem Zeitpunkt verpflichtet, Befunde derbildgebenden Diagnostik und gegebenenfalls „Bilder“ (Ergebnis-se bildgebender Verfahren) als ELGA-Gesundheitsdaten zur Ver-fügung zu stellen.
Für die niedergelassenen Allgemeinmediziner (praktische Ärzte)besteht Speicherpflicht für die Medikationsdaten, das heißt, siesind ab diesem Zeitpunkt verpflichtet, die verordneten Medika-mente in die E-Medikationsdatenbank einzutragen.
Apotheken sind ebenso ab diesem Zeitpunkt verpflichtet, die Ab-gabe von Medikamenten einzutragen. Dies gilt für verschrei-bungspflichtige (rezeptpflichtige) sowie für wechselwirkungsrele-vante nicht verschreibungspflichtige Medikamente.