Wespen, Bienen und Hornissen machen uns oft die Sommertage schwer. Doch eine Begegnung mit ihnen muss nicht unan-genehm verlaufen.
Auch wenn sie uns Menschen im Sommer eine Plage sein können, sind Bienen, aber auch Wespen undHornissen wichtig für ein intaktes Ökosystem. Während Bienen beim Produzieren von Honig Blumen,Obstbäume und -sträucher bestäuben, sind Wespen und Hornissen das Mittel der Natur, um die Popula-tion von anderen Insekten wie Mücken oder Fliegen in Maßen zu halten. Damit nehmen sie die Funktioneines natürlichen Schädlingsbekämpfers ein. Wespen können daher zu den Fleisch-, aber auch Aases-sern gezählt werden.
Das ist auch der Grund, warum sie im Sommer schnurstracks auf Grillwürstchen, Steaks und Hühner-spieße zusteuern. Besonders bis Mitte August machen sie uns unsere Grillspezialitäten streitig, da siemit dem Eiweiß der Fleischspeisen ihre Larven versorgen. Sie vergreifen sich an unseren Lebensmittelnalso nicht aus bloßer Gier, sondern aus purem Nutzen.
Der Hunger kommt mit der Jahreszeit
Sobald es im Frühling warm genug ist, legen die Königinnen ihre Eier. Aus diesen schlüpfen ab Juni die
ersten Arbeiterinnen und Drohnen. Als Drohn wird das männliche Tier bei Honigbienen und Wespen bezeichnet. Seine einzige Le-bensaufgabe ist die Begattung der Königin. Drohnen brauchen das Nest nie zu verlassen, da sie von den Arbeiterinnen versorgt wer-den. Deswegen sind es ausschließlich weibliche Bienen und Wespen, die uns unterwegs begegnen. Im Spätsommer ist das Volk derFluginsekten dann am größten. Zu dieser Zeit macht es auch oft den Eindruck, als wären vor allem Wespen besonders reizbar undaggressiv. Der Grund dafür, erklärt der Biodiversitäts-Experte Dr. Michael Fusko von der Energie- und Umweltbehörde des LandesNiederösterreich, ist ein geändertes Nahrungsverhalten: Wenn sich die erwachsenen Tiere im Spätsommer nicht mehr um die Brutkümmern müssen, brauchen sie zum Überleben Zucker. In der freien Natur füllen sie ihre Energiespeicher dann mit Früchten undFallobst auf. In Menschennähe tun es Eis und andere süße Lebensmittel genauso. Bis Mitte Oktober sind in der Regel alle Wespengestorben, da sie kaum noch Nahrung finden und ihnen die sinkenden Temperaturen zu schaffen machen. Nur die Juniköniginnensuchen sich einen Überwinterungsplatz und gründen im nächsten Frühling ein neues Volk.
Natürlich & schützenswert
Hornissen wirken mit bis zu drei Zentimeter Größe zwar gefährlicher, ihr Gift ist im Vergleich zu dem ihrer Artkolleginnen jedochschwacher. Dass ihr Stich aber mindestens genauso schmerzhaft ist, lässt sich auf ihre größere Giftblase zurückführen, denn vielschwaches Gift bedeutet gleiche Schmerzen wie wenig starkes, erklärt Fusko. Dass Hornissen, Bienen und Wespen den Menschenbeim Essen im Freien gleichermaßen belästigen, sei ein Irrtum. „Der schlechte Ruf von Wespen ist auf lediglich zwei Arten zurückzu-führen: Die Deutsche Wespe und die Gemeine Wespe”, klärt Fusko auf. Die Veterinärmedizinerin Dr. Kerstin Seitz vom Institut für Viro-logie der Veterinärmedizinischen Universität Wien gibt zu bedenken, dass auch Bienen nicht das Ziel verfolgen, zu stechen, da sie„jeden Stich mit ihrem eigenen Leben bezahlen“ und daher möglichst versuchen, „ihren Stich nur im absoluten Notfall einzusetzen“.Fusko weist außerdem darauf hin, dass „freilebende Tiere nicht mutwillig beunruhigt, verfolgt, gefangen, verletzt, getötet,
verwahrt oder entnommen werden dürfen” – Wespen, Hornissen und Bienen inbegriffen. Aus diesem Grund darf ein Nest nicht ein-fach entfernt werden, wenn man es beispielsweise in Vogelnistkästen im Garten, im Geräteschuppen oder am Dachboden, wo es dieFluginsekten besonders gerne haben, findet. Imker und Schädlingsbekämpfer („Kammerjäger“) sind in diesem Fall die richtigen An-sprechpersonen. Sie wissen, wie man die Nester umsiedelt, um das Fortbestehen ihrer Bewohner zu sichern. Dr. Linde Morawetz vonder Abteilung Bienenkunde und Bienenschutz der AGES betont, dass auch Bienenschwärme gemeldet werden sollten, denn „eskann gut sein, dass ein Imker das Volk adoptieren will.“ Das ist auch deshalb so wichtig, weil die Bestände von Wespen, Hornissenund insbesondere Bienen „aufgrund der fortschreitenden Veränderung des Lebensraumes sowie falscher Vorurteile zurückgehen”,betont Fusko. Dem müsse man unbedingt entgegenwirken, denn gerade Bienen zählen zu den wichtigsten Arbeitskräften der Land-wirtschaft. Ohne Bienen gäbe es nicht nur keinen Honig, auch Obst und Gemüse würden zu Luxusgütern – denn die Tiere bestäuben
rund 80 Prozent unserer Nutz- und Wildpflanzen, sagt LindeMorawetz. Weiß man um den richtigen Umgang mit den fleißigenInsekten Bescheid, kann man dabei helfen, ihr Fortbestehen zusichern und gleichzeitig den nächsten Grillabend ohne Zwischenfallgenießen. Und anstatt Wespen, Hornissen und Bienen zu ver-fluchen, wird man mit Blick auf die blühenden Obstbäume und far-benprächtigen Blumen vielleicht sogar ein bisschen froh sein, dasses sie gibt.