Die Sozialpädagogin und psychosozialeBeraterin Sabine Edinger
hat als „Super Nanny“ und Mutter schonzahlreiche Kinderzimmer ausgemistet undstrukturiert. Sie erklärt, wie man dasmacht und was wirklich wichtig ist.
Wann ist ein Kinderzimmer ordentlich?
Das ist von Kind zu Kind verschieden – wie auch wirErwachsene verschiedene Vorstellungen von Ordnunghaben. Wichtig ist, dass das Kind sich darin wohlfühlt,dass Sie als Eltern damit halbwegs leben können und
– das ist das Wichtigste – das Kind Lust hat, in seinem Zimmer zu sein und Ideen bekommt, was es spielen könnte.
Wie kommt man zu diesem Punkt?
Ein gutes Kinderzimmer braucht ein Spiel-Angebot. Das heißt: Es soll anregend sein, damit das Kind von sich aus loslegen mag, zum Bei-spiel mit dem Puppenhaus zu spielen, oder zu malen und basteln oder aus Lego etwas zu bauen. Wenn im Zimmer heilloses Chaosherrscht, alles kreuz und quer herumliegt und die Hälfte der Sachen kaputt ist oder fehlt, hat das Kind wenig Lust darin zu spielen. Danützt auch die elterliche Aufforderung „Geh spielen!“ nichts.
Da sind dann die Eltern gefordert, oder?
Natürlich. Kinder brauchen eine gute Übersicht über ihre Schätze. Dazu gehören zum Beispiel Regale, in denen die Sachen in Boxen ver-staut sind. Und zwar so, dass das Kind die Boxen überblicken kann und leicht herausnehmen und auch wieder selbstständig verstauenkann. Bei kleinen Kindern kann man den Inhalt der Boxen mit Bildern kennzeichnen, bei größeren kann man die Boxen beschriften.
Manche Kinder sammeln gerne und viel – was macht man, wenn das Kinderzimmer übergeht?
Dann muss man sich gemeinsam auf eine Lösung einigen. Vielleicht besteht die Lösung auch darin, ein, zwei neue Regale an die Wandzu hängen. Wichtig ist, dass Eltern nicht einfach Sachen weggeben, ohne das mit dem Kind zu besprechen, dass sie nicht die Schätze
der Kinder herabwürdigen und dass sie dem Kind mit Achtung begegnen, damites spürt, es ist okay – aber über die Menge der Schätze muss man manchmalverhandeln.
Wie überzeugt man das Kind davon, sich von einem Teil seiner Besitztü-mer zu trennen?
Da gibt es kein Rezept, das ist sehr individuell. Man könnte sich darauf einigen,einen Teil der Dinge zu verkaufen, zum Beispiel beim Kinderflohmarkt, und dasGeld darf das Kind behalten oder sich davon etwas anderes kaufen. Oder manmotiviert es, etwas zu verschenken. Bewährt hat sich auch, Spielsachen, diemomentan nicht so interessant sind, in Keller oder Dachboden zu verstauen undsie nach ein paar Wochen oder Monaten wieder hervorzuholen und gegen ande-res Spielzeug auszutauschen.
Gibt’s denn Tipps, wie man verhindert, dass das Kinderzimmer zu vollwird?
Wer eine gute Bibliothek in der Nähe hat, kann zum Beispiel regelmäßig Nach-schub an Büchern, CDs, DVDs und Spielen ausborgen – und wieder zurückbrin-gen. Generell ist es wichtig, gut zu überlegen, was man schenkt und welchesBedürfnis bedient wird. Ich habe meiner Tochter eine Puppe geschenkt, wie ichsie mir als Kind von ganzem Herzen gewünscht habe. Aber meine Tochter hatganz andere Vorlieben. Irgendwann ist mir klargeworden, dass es ein spätesGeschenk an mich selbst war.
Und wenn Großeltern, Onkel und Tanten schenken wollen?
Bei kleineren Kindern kann man sich Dinge wie Bausätze wünschen, bei denenes schön ist, wenn man eine größere Menge zur Verfügung hat. Bei größerenKindern kann man das mit dem Kind besprechen, zum Beispiel sich einen Bei-trag zum neuen Fahrrad, Smartphone oder zum Snowboard wünschen. Generellfinde ich wichtig, Kindern zu zeigen, dass gemeinsame Erlebnisse wichtiger sind
oder sein können als das Haben. Das kann auch für die Verwandten ein ganzneuer Ansatz sein, beispielsweise Zeit zu schenken.
Und wie schafft man es, dass Kinder ein Gefühl für Ordnung entwickeln?
Leider gibt es dafür eine Antwort, die nicht bei allen Eltern beliebt ist: Eltern sindVorbild – in jeder Hinsicht. Wenn Sie regelmäßig ausmisten und aufräumen, ak-zeptiert Ihr Kind es leichter, das auch zu tun. Wenn Sie sich von Sachen tren-nen, sie verkaufen, verschenken oder wegwerfen, ist Ihr Kind leichter dazu be-reit. Wenn Sie abends „klar Schiff“ machen, kriegen Sie Ihr Kind eher dazu, alswenn die Familie morgens oft im Chaos startet.
Zur Person
Sabine Edinger, Jahrgang 1968, istSozialpädagogin und seit
2006 Lebens- und Sozialberaterin mitSchwerpunkt Coaching
für Erziehende. Für ATV moderierte diezweifache Mutter das
TV-Erziehungsformat „Die Super Nan-ny“. Derzeit arbeitet sie
als psychosoziale Beraterin, ist Autorinmehrerer Bücher und
Referentin, unter anderem für die In-itiative »Tut gut!«.
erschienen in GESUND & LEBEN IN NIEDERÖSTERREICH 10/2017