„Eine leise Volkskrankheit“

Laut der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie ist die chronische Nierenerkrankung dramatisch unterdiagnostiziert. Gilt das auch für Österreich? 

Dr. Christian Feinböck, Facharzt für Innere Medizin, Nephrologie, Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen in Mödling

Die Situation in Österreich spiegelt die Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie wider. Schätzungen gehen von zirka 900.000 nierenkranken Menschen in Österreich aus, wobei nur einer von zehn Betroffenen von seiner Erkrankung weiß. Chronische Nierenerkrankungen sind eine leise Volkskrankheit. Warum nur ein geringer Teil diagnostiziert wird, liegt unter anderem an den symptom­armen Frühstadien, aber auch an fehlenden Routineuntersuchungen, die im österreichischen Vorsorge­programm nicht enthalten sind. Eine Unterdiagnostizierung lässt sich sogar bei gefährdeten Gruppen mit Diabetes mellitus, Hypertonie und Übergewicht feststellen, die ein erhöhtes Risiko für eine chronische Nierenerkrankung haben. 

Warum ist eine chronische Nierenerkrankung gefährlich?

Eine fortgeschrittene chronische Niereninsuffizienz erhöht die Wahrscheinlichkeit, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Sie kann auch das Immunsystem schwächen, was unter anderem die Infektanfälligkeit erhöht. Bei chronisch Nierenkranken kann es zu einer Störung des Calcium- und Phosphat-Haushalts kommen, was sich negativ auf die Knochengesundheit auswirkt. Auch die Entwicklung einer renalen Osteopathie ist möglich. Bei dieser Knochenerkrankung werden die Knochen brüchig und das Frakturrisiko steigt. Bilden die Nieren eine zu geringe Menge des Hormons Erythropoetin, das die Produktion von roten Blutkörperchen anregt, kann eine Anämie, eine sogenannte Blutarmut, entstehen. Weitere Folgen können Verdauungsstörungen mit Beschwerden wie Übelkeit oder Appetitlosigkeit, Muskelkrämpfe, Muskelschwäche und eine periphere Neuropathie, also Schädigungen der peripheren Nerven, sein. Das Endstadium der Niereninsuffizienz ist das Nierenversagen, das eine chronische Dialyse oder eine Nierentransplantation notwendig macht. 

 

Foto: beigestellt

 

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