Wenn Kinder flügge werden

Die Pubertät hat ein schlechtes Image. Eltern, so heißt es, sollten sich auf ein paar schwierige Jahre einstellen. Zwei Expertinnen erklären, wie man gut durch diese Zeit kommt und warum sie nicht nur herausfordernde, sondern auch wunderschöne Seiten hat.

Pubertät – ein Schreckgespenst? Nein, aber eine Zeit, in der Eltern viel Geduld und Verständnis aufbringen sollten.

Ob ein Tag einen guten oder schlechten Verlauf nimmt, entscheidet sich in Familien manchmal morgens am Wäschekorb. Der Lieblingspulli ist noch nicht gewaschen? Frechheit, findet die Tochter. Wutentbrannt stapft die Elfjährige davon, knallt die Tür hinter sich zu – und lässt ihre Eltern ratlos zurück. Mit so viel Emotion haben sie nicht gerechnet. Ist das jetzt die Pubertät? Was wird ihnen in den kommenden Jahren noch alles blühen? Ein launischer Teenager, der nur am Handy hängt? Permanenter Streit um Ausgehzeiten? Jeden Tag knallende Türen? Drogenexzesse? 

Die Pubertät hat ein schlechtes Image. So ziemlich alles im Leben eines jungen Menschen wird in diesem Lebensabschnitt durcheinandergewirbelt. Der Körper verändert sich, das Gehirn wird zur Großbaustelle, die Emotionen spielen verrückt. Das ist anstrengend, für den Jugendlichen und sein Umfeld. Die gute Nachricht ist: Eltern können viel für eine positive Beziehung zu ihrem heranwachsenden Kind tun. Zum Beispiel, indem sie sich schlau machen, welche körperlichen und psychischen Prozesse in der Pubertät ablaufen. 

Information hilft

Wenn Menschen erfahren, dass sie Eltern werden, möchten sie so viel wie möglich über die Entwicklung des Babys im Bauch wissen. Wie groß ist es gerade?  Zu welchem Zeitpunkt steht seine Augenfarbe fest? Hört das Ungeborene, wenn die Mutter singt? Später sind sie bestens darüber informiert, warum die Zweijährige einen Tobsuchtsanfall bekommt, wenn man das Butterbrot an der falschen Stelle schneidet. Und wie man beim angehenden Schulkind die richtige Stifthaltung fördern kann. Eltern von heute werden zu Experten für kindliche Entwicklung. Wenn aber die Pubertät anklopft, tun sich bei ihnen Wissenslücken auf. Es ist ihnen bewusst, dass sich Körper, Gehirn und Psyche eines Heranwachsenden verändern. Schambehaarung, Stimmbruch, wachsende Brüste und Pickel sind ja kaum zu übersehen. Genau kennen sie sich bei den physiologischen, neurobiologischen und emotionalen Prozessen, die dahinterstecken, häufig aber nicht aus. „Das gesellschaftliche Interesse ist bei Schwangerschafts- und Babythemen sehr groß. Sich mit der Pubertät auseinanderzusetzen, ist nicht so einladend“, fasst es Romy Winter zusammen. Die Therapeutin begleitet Familien und Paare in ihrer Praxis in Rostock Warnemünde und online. In ihrem Buch „Wurzeln, Flügeln, WLAN?“ schreibt sie darüber, was Teenager und Eltern brauchen. Sie ist überzeugt: „Wer versteht, was hinter dem Verhalten eines Jugendlichen steckt, nimmt vieles nicht persönlich.“

 

Romy Winter, Familientherapeutin, 

www.frau-winter.de

 

„Jugendliche wollen sich an Regeln orientieren und mit ihnen experimentieren. Das können sie nicht, wenn es keine gibt.“

 

Text: Sandra Lobnig | Fotos: istock/Anchiy, Stefanie Auer

 

Hier NEWSLETTER bestellen

〰️

Hier NEWSLETTER bestellen 〰️

Zurück
Zurück

Essen mit Gefühl

Weiter
Weiter

Muskeln in Hochform